„Kein Applaus, bitte“

Warum ich in meinen Kursen darum bitte, am Ende der Stunde auf Applaus zu verzichten – und was das mit dem Übergang vom Tun ins Sein zu tun hat.


Die Yogastunde ist vorbei.

Im Raum liegt Stille – warm, satt, erfüllt.

Du sitzt auf deiner Matte, die Augen noch geschlossen. Der Atem ist ruhig geworden, die Hände ruhen in deinem Schoß oder am Körper, vor deinem Herzen. Du spürst den Kontakt zu dir selbst, zur Erde, zur Stille in dir.

Ein sanftes Lächeln breitet sich auf deinem Gesicht aus.

Alles fühlt sich ein wenig leichter an. Klarer. Wacher.

Etwas in dir bewegt sich – eine innere Kraft, Lebendigkeit, Dankbarkeit.

Etwas will sich zeigen, sich ausdrücken.

… Und du klatschst.
Aus einem Impuls heraus, vielleicht aus Freude.
Vielleicht auch, weil es sich einfach gut anfühlt, etwas „abzuschließen“.


Dein Klatschen ist nicht falsch.
Aber es berührt einen Raum in mir, der sich nach etwas anderem sehnt:
Nach Stille. Nach Nachklang. Nach einem Ankommen, das nicht unterbrochen werden will.


Ich weiß, dass dein Applaus ein Ausdruck von Freude und Wertschätzung ist und ich nehme diese Geste nicht persönlich, sondern als das, was sie sein soll: ein Dankeschön.

Und doch spüre ich in mir Widerstand,
wenn dieser Moment des stillen Ausklangs durch Applaus unterbrochen wird.

Denn Applaus gehört für mich zu einem anderen Raum.
Er entsteht, wenn jemand etwas „geleistet“ hat und von außen dafür anerkannt wird –
im Theater, bei Konzerten, auf Bühnen.

Yoga ist keine Bühne.
Ich bin keine Künstlerin, die auf Applaus wartet. Und deine Praxis ist kein Auftritt.

Yoga ist ein innerer Weg.
Eine Einladung, die Aufmerksamkeit vom Außen ins Innen zu lenken. All das anzunehmen, was da ist. Stille Zufriedenheit in dir zu finden und vom Tun ins Sein zu kommen.

Wenn am Ende einer Stunde geklatscht wird, holt uns das – oft unbewusst – wieder zurück in eine Haltung von Bewertung:
„Das war gut.“
„Du hast etwas geleistet.“


Applaus kann die Tür zu diesem feinen inneren Raum – der gerade so achtsam und offen geworden ist – unerwartet wieder schließen.
Er wirkt wie ein Schnitt durch die Stille,
wie ein plötzlicher Schritt hinaus –
zurück in die Außenwelt,
bevor das Erlebte in dir wirklich nachklingen durfte.

Ich wünsche mir, dass dieser Übergang sanft bleibt.
Dass die Wertschätzung – für dich selbst, für die Stunde, für die Verbindung –
still und bewusst aus dem Herzen kommt.
Nicht lauter, sondern tiefer.


Ich sage: Yoga braucht keinen Applaus

Und daher lade ich meine Teilnehmer:innen ein, ihren Dank auf andere Weise zu zeigen:
Mit einer respektvollen Geste.
Mit einem Lächeln in den Augen.
Mit einem offenen Herzen.

Und vielleicht ist genau das der größte Ausdruck von Dankbarkeit:

Nicht zu klatschen – sondern still zu verweilen.
Mit offenen Augen.
In Achtsamkeit.
In Würde.
Im Vertrauen, dass du genug bist. Genau so, wie du bist.

Lasst uns auf Applaus im Yoga verzichten, nicht weil er „falsch“ ist –
sondern weil es etwas Schöneres gibt, das bleiben darf:
Die Stille. Die Verbindung. Das Gefühl, dass du angekommen bist. In dir.


Was du auf der Matte erfährst – die Ruhe, die Klarheit, die Weichheit – darf mit dir weitergehen.
In deinen Alltag. In deine Begegnungen. In deinen Blick auf dich selbst.

Yoga endet nicht mit dem letzten Om.
Es beginnt immer wieder neu – in deinem Leben.
Still. Leise. Echt.